Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem Ingolstadt (KIVI)

Lang andauernde Staus auf den Straßen, gefährliche Verkehrssituationen, häufige Unfälle – jeden Tag in jeder Stadt finden sich mehr als genug kritische Situationen im Stadtverkehr. Abhilfe schafft hier künftig die Künstliche Intelligenz (KI). Im Rahmen des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMVI) geförderten Projekts „Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem Ingolstadt“ (KIVI) wird die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Verbesserung des Verkehrssystems und der Verkehrssicherheit in der Stadt Ingolstadt erforscht. Das Projekt läuft seit dem 28. Oktober 2020 und endet am 27. Oktober 2023 nach drei Jahren Laufzeit und stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer effizienteren und sichereren Verkehrsgestaltung dar.

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Nikolai Zotow

Science Editor

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Herausforderungen im aktuellen Verkehrssystem

Trotz fortschreitender Digitalisierung und Vernetzung der Verkehrssysteme fehlen immer noch viele Informationen, um ein schlüssiges Gesamtbild zu erzeugen. Während individuelle Bewegungsdaten einzelner Verkehrsteilnehmer durch Navigationsgeräte, Handydaten und GPS-Ortung verfügbar sind, fehlt ein umfassendes Bild über die gesamte Verkehrssituation. Insbesondere über nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Fahrradfahrer gibt es häufig keine ausreichenden Informationen. Dies führt dazu, dass sie bei der Verkehrssteuerung und Verkehrssicherheit nicht angemessen berücksichtigt werden. Selbst für motorisierte Verkehrsteilnehmer sind hochwertige Informationen oft nicht für die zentrale Verkehrssteuerung verfügbar, was zu ineffizientem Verkehrsfluss und unnötigen Wartezeiten, etwa an Kreuzungen oder in Staus führt.

Forschungsziel und Relevanz

Das Forschungsprojekt KIVI konzentriert sich auf die Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur Verkehrssteuerung und Verbesserung der Verkehrssicherheit im städtischen Verkehr, die wirklich alle Arten der Fortbewegung einschließt. Durch den Einsatz von KI-Verfahren werden neue Steuerungs- und Sicherheitsfunktionen entwickelt, getestet und im Verkehrssystem der Stadt Ingolstadt angewendet. Die wichtigsten Ziele des Projekts sind:

  • Effizienzsteigerung der multimodalen Verkehrssteuerung: Durch die Nutzung des bislang ungenutzten Datenpotenzials über alle Verkehrsteilnehmer hinweg soll die Verkehrssteuerung optimiert werden, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Dies kann beispielsweise durch eine bessere Ampelschaltung oder eine elektronische Beschilderung erfolgen, die Verkehrsflüsse entsprechend leitet.
  • Erhöhung der Verkehrssicherheit: Durch die Anwendung von KI-Verfahren sollen Sicherheitsfunktionen entwickelt werden, die alle Verkehrsteilnehmer, einschließlich nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer, berücksichtigen und dadurch die Verkehrssicherheit erhöhen. So können etwa Höchstgeschwindigkeiten automatisch festgelegt werden, damit im Falle eines erhöhten Fußgängeraufkommens die motorisierten Verkehrsteilnehmer mit einer geringeren Geschwindigkeit unterwegs sind.

Das High-Definition Testfeld (HDT)

Ein zentraler Bestandteil des Forschungsprojekts ist das High-Definition Testfeld (HDT), das zur Erforschung innovativer Mobilitätsanwendungen im urbanen Bereich dient. Das HDT umfasst drei stark frequentierte Verkehrsknotenpunkte in Ingolstadt sowie das erweiterte Testfeld entlang der Goethestraße. Die Wahl dieser Knotenpunkte basiert auf mehreren Kriterien, darunter die frühzeitige Ausstattung mit 5G-Mobilfunk und die Herausforderungen, die durch die hohe Verkehrsdichte und eingeschränkte Übersichtlichkeit, etwa durch komplexe Kreuzungen und Straßenverläufe, entstehen. Das HDT ermöglicht es, die entwickelten KI-Mobilitätsanwendungen in einer realen urbanen Umgebung zu testen und ihre Auswirkungen zu untersuchen.

Forschungsfragen und Vorgehensweise

Im Rahmen des Projekts werden mehrere Forschungsfragen adressiert, um Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit zu verbessern und somit beispielsweise für weniger Emissionen zu sorgen. Dazu gehören:

  • Auswahl geeigneter Umfeldsensoren: Welche Sensoren eignen sich am besten für den Einbau in die Infrastruktur des urbanen Raums, um relevante Informationen zur Optimierung des Verkehrsflusses und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu generieren?
  • Einsatz von KI-Verfahren zur Zustandsbestimmung: Wie können KI-Verfahren genutzt werden, um den Zustand dynamischer Objekte basierend auf den Rohdaten der stationären Umfeldsensoren zu bestimmen? Wie bewegen sich die Verkehrsteilnehmer gerade und welche unterschiedlichen Bewegungen erfolgen beispielsweise bei Fußgängern, Radfahrern, Auto- und Motorradfahrern sowie Lastkraftwaren?
  • Fusion von Umfeldsensordaten mit Echtzeitanforderungen: Welche KI-Verfahren sind geeignet, um die Daten aus den Umfeldsensoren in Echtzeit zu fusionieren und die Anforderungen an die Sicherheitsfunktionen zu erfüllen?
  • Effiziente Kommunikation im HDT: Wie kann eine effiziente Kommunikation innerhalb des HDT gewährleistet werden, um die Echtzeit- und Robustheitsanforderungen zu erfüllen? Letztere beziehen sich auf die Fähigkeit eines Systems, bei Veränderungen seine Struktur nicht anpassen zu müssen.
  • Integration des HDT in das bestehende Verkehrsnetz: Wie kann die Kommunikation zwischen dem HDT und dem bestehenden urbanen Verkehrsnetz realisiert werden?
  • Warnkonzepte basierend auf Umfeldsensoren: Welche Warnkonzepte, die auf den stationären Umfeldsensoren in der Infrastruktur basieren, sind am effektivsten für die Sicherheit ungeschützter Verkehrsteilnehmer?
  • Potenziale der Verkehrssicherheit und -flussoptimierung: Welche Möglichkeiten bestehen, um mit den vorhandenen Umfeldsensoren und fortgeschrittenen KI-Methoden zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur Optimierung des Verkehrsflusses beizutragen, und wie können diese Potenziale auf einem realen Testfeld ermittelt werden?

Die Beantwortung dieser Fragen basiert sowohl auf vorhandenen Datenquellen als auch auf neu erhobenen Daten im HDT. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass die neu erhobenen Daten nahtlos in die bestehenden Backend-Systeme und Schnittstellen der KIVI-Projektpartner integriert werden können.

Die Rolle der Projektpartner

Das Projekt KIVI wird in Zusammenarbeit zwischen der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI), der AININ gGmbH und dem Fraunhofer-Anwendungszentrum für Vernetzte Mobilität und Infrastruktur durchgeführt. Die Partner konzentrieren sich auf die Entwicklung und Einsatz von KI-Mobilitätsanwendungen, insbesondere im Bereich der Verkehrssicherheit und der Verbesserung des Verkehrsflusses. Die enge Abstimmung mit der Stadt Ingolstadt, bei der das angesiedelt ist, ist von entscheidender Bedeutung, um eine reibungslose Integration des Forschungsprojekts in die vorhandene Infrastruktur zu gewährleisten.

Die Technische Hochschule Ingolstadt (THI) bringt ihre Expertise in den Bereichen Verkehrssysteme und Künstliche Intelligenz ein. Sie ist maßgeblich an der Entwicklung neuer Steuerungs- und Sicherheitsfunktionen beteiligt, die auf KI-Verfahren basieren. Die THI arbeitet eng mit der Stadt Ingolstadt zusammen, um die Ergebnisse des Projekts in die städtische Verkehrssteuerung zu integrieren und so zu einer effizienteren Verkehrsgestaltung beizutragen.

Die AININ gGmbH konzentriert sich auf die Nutzung verschiedener Datenquellen, einschließlich neuartiger Datenquellen, um komplexe Verkehrslagen präzise zu erfassen. Durch den Einsatz von KI-Verfahren werden innovative Lösungen zur Verbesserung des Verkehrssystems entwickelt.

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Vernetzte Mobilität und Infrastruktur (FhG-AVMI) beteiligt sich in den Bereichen Vernetzte Mobilität und Infrastruktur ein. Das Zentrum unterstützt die Forschungsarbeit im Projekt KIVI und trägt zur Entwicklung und Implementierung von KI-Mobilitätsanwendungen bei. Durch die enge Zusammenarbeit mit den anderen Projektpartnern wird angestrebt, innovative Lösungen für eine effiziente Verkehrssteuerung und eine erhöhte Verkehrssicherheit zu entwickeln.

Beitrag zur Verkehrssicherheit und Verkehrsflussoptimierung

Das Projekt KIVI hat das Ziel, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz das Verkehrssystem der Stadt Ingolstadt zu optimieren. Durch die Nutzung unterschiedlicher Datenquellen, einschließlich neuartiger Sensoren und KI-Verfahren, sollen komplexe Verkehrslagen präzise erfasst und analysiert werden.

Mit der Integration von KI-Mobilitätsanwendungen in die bestehende Infrastruktur und der Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmern und Infrastruktur werden die Verkehrsflussoptimierung und die Verkehrssicherheit verbessert. Das HDT bietet daher eine reale Testumgebung, um die entwickelten Lösungen zu erproben und ihre Auswirkungen auf den Verkehr zu untersuchen.

Die Projektergebnisse werden nicht nur für die Stadt Ingolstadt relevant sein, sondern können auch auf andere städtische Verkehrssysteme übertragen werden. Das Projekt KIVI leistet somit einen Beitrag zur Entwicklung zukünftiger Mobilitätssysteme, die auf Künstlicher Intelligenz basieren. Dies hat weniger Staus, weniger verlorene Zeit vor roten Ampeln aber eine angenehmere Erfahrung für Fußgänger und Radfahrer im Verkehr zur Folge. Außerdem bietet ein besserer Verkehrsfluss auch einen ökologischen Vorteil: Durch reduzierte Standzeiten wird der Verbrauch von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren reduziert, was auch mit einer verminderten Schadstoffbelastung der Stadt einhergeht.

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